Mahut 2007 - „Eine Reise zur Quelle des Ganges“
Expeditionsbericht 8
Die vier heiligen Quellen
Nachdem wir uns von „Lakhi“ sowie Singh und allen anderen Begleitern verabschiedet haben, verlassen wir Rishikesh. Als erstes geht es flussaufwärts nach Devaprayag, wo sich der Ganges in seine zwei Hauptzuflüsse Bagirathi und Alaknanda teilt. Im Schatten des fast 8.000 m hohen Nada Devi ziehen sich hunderttausende von Serpentinen an den steilen Berghängen die engen Täler hinauf. Auf 3.100 m Höhe erreichen wir schließlich unseren ersten und den zugleich heiligsten Platz der Gangesquellen - Badarinath. Tausende Pilger warten in der Kälte, in langen Schlangen eng aneinander gedrängt, auf die Erfüllung eines lang gehegten Wunsches. Einmal in seinem Leben möchte jeder Gläubige im Inneren des Schreins niederknien, an dem Ort, an dem einst der Hauptgott Shiva verweilte.
Nachdem die Gaben im Tempel geopfert wurden, nimmt jeder Pilger ein reinigendes Bad in den heißen Quellen, die hier direkt aus dem Berg sprudeln. Die eigentliche Quelle des Alaknanda befindet sich nur fünf Kilometer weiter in Richtung Tibet. In einer engen Talfalte, unter riesigen Felsen, tritt der Fluss hier zu Tage. Unweit von Badarinath befindet sich auch noch das Hochtal der Blumen. Jetzt im Himalayafrühling stehen ganze Gebirgswiesen in voller Blüte und verwandeln die Landschaft in ein einsames Paradies.
Durch moosbehangenen Bergregenwald fahren wir über einige Gebirgsketten in Richtung Kedarnath weiter, der zweiten Quelle des Mandakani Flusses. Hier endet die Straße allerdings schon tief unten im Tal, in Gaurikund. Zu Fuß geht es nun auf glitschigen, abenteuerlichen Pfaden hinauf in die Wolken. Wie ein kleines Nest befindet sich Kedarnath auf einem Hochplateau in 3.584 m Höhe. Nach unserer Ankunft lichten sich etwas später dann auch die
Wolken vor uns und es schält sich die königliche siebentausender Silhouette der Kedarnathgruppe aus dem Dunst. Ein magischer Anblick der vertikalen Wände aus Fels und Eis. Dieser Platz gefällt uns sehr gut. Der Tempel ist sehr alt und aus Naturstein gehauen. Es ist viel ruhiger als in Badarinath und wir treffen auch hier einige Sadhus, die sich in die Einsamkeit zurückgezogen haben. Sie sind bis auf wenige Kleidungstücke fast nackt und am ganzen Körper mit Asche eingerieben. Im Inneren dieses Tempels befindet sich einer der zwölf wichtigsten Opferaltare in ganz Indien, ein so genannter Joti-Lingham.
Als wir Kedarnath hinter uns gelassen haben, folgen wir nun dem tosenden und wilden Bagirathifluss weit hinein in die engen Täler zur dritten Quelle. Eingerahmt von spitzen und bizarren Eisbergen befindet sich hier dieser mystische Platz. Es ist nicht nur ein Wallfahrtsort, vielmehr der Ausgangspunkt unzähliger Bergexpeditionen. Die Landschaft hier in Gangotri ist einfach traumhaft schön, gespickt mit uralten knorrigen Himalayazedern. Weitere zwanzig Kilometer flussaufwärts, erreichen wir in 3.800 m Höhe die eigentliche Hauptquelle des Ganges. Nun stehen wir symbolisch neben Shivas Kopf und aus seinem Mund, dem Gletscher, fließt der reine und heilige Ganges, die Lebensader Indiens. Wir steigen auf 4.200 m Höhe weiter bis nach Tapovan auf, dem Basislager eines weltbekannten Berges. Der Mt. Shivling mit seinen 6.543 m zählt zu den weltweit schönsten Bergen und symbolisiert das indische Matterhorn. Hier entdecken wir zu unserer Verwunderung unzählige wilde Blauschafe, die uns fast aus der Hand fressen. Sie sind mitten in der Brunftzeit und das Knallen ihrer Hörner im Kampf um die Weibchen ist weit zu hören.
Der letzte Pilgerort, den wir in Angriff nehmen, ist Yamunotri. Hier befindet sich die Quelle des Yamunaflusses, welcher am Taj Mahal vorbei fließt und in Allahabad / Triveni in den Ganges mündet. Wir fühlen uns vollkommen in die Einsamkeit verschlagen, denn es sind kaum noch Pilger zu sehen und die Straße löst sich immer mehr in Luft auf. Irgendwie kommen wir doch noch in Janki Chatti an, dem Ausgangspunkt nach Yamunotri, auf 3.185 m Höhe. Extrem steil führen hier die Pfade hinauf zu dem kleinen Schrein. Die indischen Pilger sind oft sehr übergewichtig und dazu überaus anspruchsvoll. Wie an allen anderen heiligen Plätzen in der dünnen Luft, lassen sie sich in Sänften oder auf Ponyrücken zum Tempel hinaufschleppen. Uns tun bei diesem Anblick lediglich die Träger und die Ponys leid, die sich halb zu Tode “asten” mit den dicken Indern. Recht schnell sind wir oben angekommen und entdecken auch hier heiße Quellen. Nachdem auch wir eine kleine Opferpuja gemacht haben, tauchen wir im heißen Wasser der Quellen unter und beenden somit unsere “Char Dam Yatra”, die Wallfahrt zu allen vier heiligen Quellen des Ganges.
Hier findet nun auch unsere Elefantenexpedition „Mahut 2007“ ein erfolgreiches Ende, nachdem wir dem Ganges und somit sinnbildlich dem Hauptgott Shiva, der Länge nach bis zu den Göttern
gefolgt sind.
Gil & Peer
Patna (Start der Expedition) -> Rishikesh: ca. 1.100 Kilometer
Rishikesh -> 4 heilige Gangesquellen -> Rishikesh: ca. 1.300 Kilometer
(davon 700 Kilometer zu Fuß zurückgelegt)