Mahut 2007 - „Eine Reise zur Quelle des Ganges“
Expeditionsbericht 4
Die heilige Stadt Benares (Varanasi)
Am Ufer des mächtigen Ganges erhebt sich die wohl heiligste Stadt Indiens, Benares (Varansi). Bereits seit mehr als 5.000 Jahren siedeln hier Menschen, somit gehört dieser Ort zu den ältesten noch lebendigen Städten der Welt. Der indische Hauptgott Shiva, Schöpfer und Zerstörer aller Welten, ist nur an zwei Orten ständig präsent. Einerseits in Benares (Varansi) und andererseits am heiligen Berg Kailash, in Tibet.
Diese hier ständig vorherrschende Aura und Heiligkeit, spüren wir an jeder Ecke der Altstadt, wo sich enge Gassen verstopft mit Pilgern und vielen Kühen wie ein Labyrinth bis zum Gangesfluss hinunterziehen. Auch wir bewegen uns im Pilgerstrom und erreichen die Gangesgahts, Treppen die sich kilometerweit am Ufer des Ganges entlang winden. Hier finden täglich tausendfache Opferzeremonien statt. Die jedoch größte und wichtigste findet jeden Abend zur Huldigung von Shri Ganga und Shiva statt. Dann versammeln sich tausende gläubige Menschen, dutzende Gebetsglocken erklingen, Milch und Blüten werden den Fluten des Ganges geopfert und das Licht hunderter Kerzen spiegelt sich im pechschwarzen Wasser der Nacht. Die Menschenmenge verneigt sich ehrerbietig und mystische Gesänge werden angestimmt.
Wir erblicken die Verbrennungsgahts und sind etwas geschockt, als wir hier auf alte Menschen treffen, die seit Wochen schon in dunklen Ecken auf ihren Tod warten. Jede Stunde werden dutzende Verstorbene durch ihre Familien zum Bestattungsplatz gebracht, wo die Feuer 24 Stunden durchgehend brennen. Die Arbeiten an diesem Platz verrichten Hindus, die zur untersten Kaste der Unantastbaren gehören. Das ewige Feuer zum Entzünden aller hier stattfindenden Bestattungen brennt seit unglaublichen 2.500 Jahren ohne Pause. Die Körper der Verstorbenen werden vor der Verbrennung in den Ganges getaucht. Einem Auserwählten der Familie wird der Kopf kahl rasiert und auch er muss ein Bad im heiligen Ganges nehmen, um seinen Körper spirituell zu reinigen. Der Brahmane (Priester) sitzt mit dem Familienmitglied vor dem Verstorbenen, welcher sich jetzt auf dem Holzhaufen befindet und spricht die letzten Gebete. Der Auserwählte entzündet bald darauf ein Bündel Stroh am ewigen Feuer und nachdem er 5-mal mit dem brennenden Bund im Uhrzeigersinn um den Scheiterhaufen gelaufen ist, wird dieser schließlich angebrannt. Nach ca. 1 Stunde wird dann ein Stück Knochen des Verstorbenen aus dem Feuer entnommen und der Familienangehörige muss diesen Knochen über seine Schulter hinter sich in den Ganges werfen. Jetzt erst ist die letzte Verbindung zwischen Körper und Geist für die Wiedergeburt des verstorbenen Familienmitgliedes gelöst.
Die meisten Pilger kommen mindestens einmal im Leben nach Benares (Varanasi), um hier ein Bad zu nehmen. Uns ist bei diesem Anblick anders zu Mute als wir sehen, dass hier in den Ganges die Abwasser der ganzen Stadt hineinfließen, tote Kühe und Menschen im Wasser schwimmen, die Wäsche gleich am Ufer gewaschen wird und sich auch noch die öffentliche Toilette der Einheimischen hier befindet. Umso mehr sind wir erstaunt, dass die Menschen das heilige Gangeswasser direkt aus dem Fluss trinken und sich auch die Zähne damit putzen. Aber dieser Fluss ist eben für die Inder überaus heilig und somit spielt sich ihr ganzes Dasein an dieser Lebensader ab.
Gil & Peer